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Das Unikat aus dem Bierlabor

Nach 45 Jahren hat Zofingen wieder eine eigene Brauerei. Per Zufall. In der Produktion überlässt Claude Degen aber nichts dem Zufall.

Artikel im RegioLive vom Juli 2017

«Plötzlich wurde es mir schwarz vor Augen», erinnert sich Claude Degen an jenen Moment zurück, der seinem Leben eine entscheidende Wende gegeben hatte. Eine Unterzuckerung war der Grund für diesen gesundheitlichen Zwischenfall. Von da an war Schluss. Damals war sein Keller voll mit köstlichem Rotwein. Zu seinen Lieblingsreisedestinationen gehörte die Toskana, wo er gerne von Weingut zu Weingut pilgerte. Ab sofort hatte er keine Lust mehr auf die edlen Tropfen. Er suchte sich eine neue Leidenschaft und fand diese beim Bier. Durch Zufall lernte er anlässlich eines Betriebsausflugs in die Basler Brauererei «Unser Bier» das Handwerk des Bierbrauens kennen. Dem gelernten Chemielaborant war schnell klar, dass er so ein Getränk problemlos auch zu Hause brauen könnte. Nach einem Workshop zum Thema «Bier selber brauen» stellte er vor 16 Jahren im Wasch-Hüsli im eigenen Garten in Schönenwerd sein erstes 20-Liter-Brau-Set zusammen. «Bereits die ersten Sude waren geniessbar», erzählt der heute 50-jährige Bierbrauer nicht ohne Stolz.

Umgebaute 150-Liter-Gastropfanne

Die ersten drei Jahre braute Degen vorwiegend für Freunde und Bekannte. Die Liste der dankbaren Abnehmer wurde jedoch immer grösser – eine Kapazitäterweiterung notwendig. Mit einer umgebauten 150-Liter-Gastropfanne zog er schliesslich nach Trimbach, wo er unter «Degen Bier» seine erste, kleine Brauerei einrichtete. Geld verdiente er noch immer in seinem angestammten Beruf. Doch das Ziel war klar: Sein Hobby sollte einmal für sein Haupteinkommen sorgen. Was das bedeutet und wie er sich als kleiner Anbieter in der Welt des Gestensaftes behaupten kann, war ihm schnell bewusst. Das geht nur mit bester Qualität, ohne Kompromisse. So entstehen mit reinstem Wasser, bestem Malz, Edelaromahopfen und frischer Hefe ungewöhnliche Biere. Und laufend tüftelt er an der Rezeptur seiner Säfte, mit einem klaren Credo: «Ich braue nur, was ich selber gerne trinke».

Gegentrend setzen

Anfänglich konzentrierte er sich auf ein helles und ein dunkles Bier. Auch heute hat Degen nur gerade zwei Biere im Angebot. Das Kobra – im 2011 zum besten Bier des Jahres gekürt – ist sein Standard-Produkt. Dieses entwickelt er zwar laufend weiter, die Rezeptur aber bleibt im Grossen und Ganzen gleich. Nicht so beim Spezialbier, dem Unikat. Hier ist der Name Programm. Noch nie hat der Solothurner ein Unikat-Bier ein zweites Mal gebraut. «In einer Welt, in der alles immer und überall verfügbar ist, setze ich hier einen kleinen Gegentrend», so Degen. Zudem liebt er es, Neues auszuprobieren. «Mein Leben ist zu kurz, um zweimal das gleiche Bier zu produzieren». Jährlich kämen neue Hopfensorten auf den Markt und das Angebot an Hefe mit den verschiedensten Aromen würde immer grösser. «Diese Komponenten miteinander spielen zu lassen, das ist spannend und macht grossen Spass», erklärt Degen seine Leidenschaft. Dazu führt er über alle Sude, deren Gärverläufe und Temperaturen stets Buch. Er, ein regelmässiger Konzertbesucher, vergleicht sich mit einem Musiker, der seine Songs auch immer wieder neu interpretiert und zusammenstellt. Und immer müsse die Hygiene im Auge behalten werden. «Je sauberer ich arbeite, desto klarer entwickeln sich die Aromen». Auch hier profitiert er von seiner Arbeit im Labor.

Eher ein filigraner Brauer

Inspiration für neue Geschmäcker und Rezepte holt sich der ehemalige Fotograf an internationalen Bier-Festivals, so etwa in Kopenhagen oder London. Ein «Stelldichein der Freak-Brauereien» nennt er diese Anlässe. Viele extreme Geschmäcker würden dort präsentiert, wobei er eher ein filigraner Brauer sei. «Mit Nuancen zu arbeiten ist die grössere Herausforderung», findet Degen, der inzwischen seinen Job gekündigt hat und die volle Zeit in sein junges Geschäft investiert. Noch liegen die Erträge aus seinem Biergeschäft unter seinem letzten Einkommen als Angestellter. «Aber es reicht zum Leben», versichert er. Und das Geschäft mit dem Gerstensaft soll ja weiterwachsen. Da beim Preis pro Flasche vom Markt her Grenzen gesetzt sind, muss das Wachstum zwingend über die Stückzahl geschehen. Dies war mit ein Grund, wieso Degen per 1. April dieses Jahres seinen Betrieb nach Zofingen verschob. Der Platz in Trimbach wurde langsam knapp und neue Ideen, die er im Kopf hatte, konnten am alten Standort nicht umgesetzt werden.

Mit offenen Armen empfangen

Wieder war Kommissar Zufall im Spiel. «Ein Kollege schwärmte von einem neuen Lokal in Zofingen, der Chuchifabrik, welches im letzten August Eröffnung feierte». Mit ein paar Bierflaschen unter dem Arm machte er sich auf den Weg – und kam prompt ins Gespräch mit den Verantwortlichen. «Ich sah sofort Möglichkeiten für Synergien und spürte, dass wir uns gut verstanden», erinnert er sich an diesen Moment zurück. Auch Vermieter Kurt Hallwyler empfing ihn mit offenen Armen. Ein gutes halbes Jahr später steht Degen in seiner neuen Brauerei in Zofingen. Alles ordentlich eingerichtet und blitzblank sauber. Gerade bereitet er seinen nächsten Kobra-Sud vor. Zwei Tage lang wird die Würze aufbereitet. Anschliessend folgt während sieben Tagen die Hauptgärung, bevor das Bier während 14 Tagen für die Nachgärung und Kohlensäureaufbau in den Drucktänken liegt. Zum Schluss folgt die Reifung. Nach rund sechs Produktionswochen werden 2000 Flaschen abgefüllt. Im Schnitt wird 14täglich produziert. Ein Unikat reicht ihm durchschnittlich drei bis vier Wochen – dann ist es ausverkauft.

Es wird gemeinsam diskutiert

Erhältlich ist sein Bier vorwiegend in Bars, Clubs, Restaurants und Bierspezialitätenläden. Für den Vertrieb sorgen entsprechende Partner. Ansonsten ist die Brauerei Degen ein Einmannbetrieb. Wobei auch hier zumindest noch eine Frau im Hintergrund agiert. Seine Partnerin, Elena, ist eidgenössisch diplomierte Bier-Somelière, und sorgt sich um die Beschriebe der Degen-Biere. Gemeinsam diskutieren sie dann über Aromen, Bitterkeit und Abgang. Hat sich das Bier, neu mit Zofinger Wasser gebraut, verändert? «Nein», so Degen. Das Wasser sei hier wie auch in Trimbach vom Jura geprägt, daher eher «hart». Ideal für dunkles Bier, weniger geeignet für gewisse helle Biere, welche vorwiegend weiches Wasser voraussetzen. Hier setzt er eine Umkehr-Osmose-Anlage ein, die auch sämtliche Verunreinigungen herausfiltert. Um das perfekte Wasserprofil zu bekommen, wird am Schluss wieder mit Hahnenwasser abgemischt.

Lieblingsbier? Orval!

In Zofingen hat er sich sehr gut eingelebt, bereits seien auch erste Spontanbesucher aufgetaucht im Betrieb. Etwas, das er gerne fördern möchte. Eine gemütliche Lounge hat er bereits eingerichtet. Mit der Zofinger Geschichte hat er sich noch nicht so auseinandergesetzt. So blieb ihm wohl auch verborgen, dass die letzte Brauerei in Zofingen 1972 ihre Tore schloss. Es handelte sich um die AG Klosterbrauerei Zofingen mit ihrem Klosterbräu, auch «Senn-Bier» genannt, ganz nach dem Familiennamen des Brauers. Und welches ist des Brauers Lieblingsbier? «Das belgisches Orval Bier, ein Trappistenbier, das in einer Klosterbrauerei von Mönchen gebraut wird. Es ist stark gehopft und die Wildhefe gibt ihm ein ganz anderes Profil als bei mir, wo mit Reinzuchthefe gearbeitet wird». Was er gar nicht mag ist Weizenbier. Bietet ein Lokal gar nur ein Heineken- Bier auf der Karte an, bestellt er gleich vorweg ein Mineralwasser… oder einen Cocktail. «Auch gute Bar-Keeper sind für mich Zauberer und überraschen immer wieder mit spannenden Aromatiken.

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